Redebeitrag Demo NSU 11.07.

Liebe Genoss*innen
Wir sind die Gruppe Kritik und Subversion aus Hannover, organisiert im bundesweitem Bündnis Drift – feminist alliance for communism.
Bereits auf der Demo nach der Urteilsverkündung vor einem Jahr haben wir an dieser Stelle eine lückenlose Aufklärung und Gerechtigkeit für die Betroffenen gefordert. Heute – ein Jahr – später müssen wir feststellen, dass wir von staatlicher Seite keine Unterstützung bei diesen Forderungen erwarten können.

Rechte Morde haben eine lange Tradition in Deutschland. Seit 1990 sind bereits knapp 200 Fälle erfasst und das weitere Potential ist groß: Rechtsextreme Gruppierungen bewaffnen sich, bilden sich aus und planen Hinrichtungen für den Tag X. Dies belegen die aktuellen Veröffentlichungen zum NSU 2.0, Walter Lübcke und Nordkreuz. Die Polizei ist bei diesen Thema nicht nur auf beiden Augen blind, oft sind Polizist*innen sogar selbst Teil dieser Zellen oder versorgen diese mit Informationen. Die immer wiederkehrenden Vergleiche von rechter und linker Gewalt dienen als Legitimation, sich nicht mit der Gefahr von Rechten zu befassen. Dabei zeigt sich wie unterschiedlich Polizei und Staat gegen Rechte und Linke vorgehen: Nach Teilnehmer*innen der G20 Proteste wird immer noch europaweit gefahndet, während Polizist*innen, die wegen rechten Straftaten aufgefallen, weiter im Amt bleiben und rechte Strukturen innerhalb staatlicher Institutionen totgeschwiegen und gedeckt werden.
Wir sagen: Keine Toleranz für faschistische Gewalt!

Natürlich freuen wir uns über jede ausgehobene rechte Terrorzelle. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass der Staat ein ambivalentes Verhältnis zum Rechtterrorismus hat. Den NSU hätte es ohne die finanzielle, personelle und informationelle Unterstützung durch den Verfassungsschutz SO nie gegeben. Zudem stehen am Ende von Ermittlungen stets die verwirrten Einzeltäter, wenn Behörden überhaupt mal ein rechtes Motiv erkennen können. Der Umgang mit den aktuellen Enttarnungen von Staatsbeamten (in Polizei, Bundeswehr, Staatsanwaltschaft, Verfassungsschutz etc.) als Angehörige oder Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) verdeutlichen dieses strukturelle Problem: Die Fälle werden als Einzelfälle betitelt und damit die dahinterliegenden Strukturen geschützt.
Für uns steht fest: ein antifaschistisches Deutschland kann es nicht geben. Verfassungsschutz, Polizei und Deutschland abschaffen!

Logische Konsequenz ist für uns deshalb, dass es eine eigenständige antifaschistische Organisierung braucht. Dazu zählen Recherche, Öffentlichkeit und Schutz. Während staatliche Behörden sich mit ihrer Unfähigkeit zufrieden gaben, sind unabhängige antifaschistische Recherchen konsequenter und präziser. Das Wissen um rechte Strukturen und Pläne ermöglicht es ein öffentliches Bewusstsein für die Gefahr zu schaffen, die das Gewaltpotential von Nazis darstellt. Dazu gehören aber auch der effektive Schutz und Selbstschutz von allen, die von faschistischer Gewalt bedroht werden.
Daher: Support your local Antifa!

Um dahinter zu kommen, was eigentlich das Problem ist und dass Nazis nicht einfach nur dumm sind, braucht es ein Verständnis von Gesellschaft. Die gewaltsamen Ausbrüche sind Konsequenzen einer rassistischen Ideologie. Diese rassistische Ideologie steht in engem Zusammenhang mit der nationalen Form des Staates. Dieser deutsche Nationalstaat ist vorrangig um sich selbst bemüht und braucht ein überzeugtes nationales Kollektiv. Die Kriterien für „gute“ und „richtige“ Deutsche sind dabei nicht nur die Staatsangehörigkeit, sondern ebenso Loyalität und Rassismus. Diese Logik der Nützlichkeit von Menschen für die Nation entspringt dabei nicht einfach der Natur des Menschen. Dem zugrunde liegt der Kapitalismus mit seiner Konkurrenz zwischen Einzelnen und Nationen.
Wir stehen daher für eine Theorie der Gesellschaft, die Rassismus und Kapitalismus als menschenfeindliche Einrichtung der Welt bekämpft.

Nationalsozialistische und faschistische Strukturen funktionieren nach männerbündischen Prinzipien in denen Männer und Frauen sich gegenüber stehen. Das Ideal der männlichen Härte und Disziplin geht einher mit einer Abwertung von Weiblichkeit. Die faschistische Ideologie beinhaltet immer auch Antifeminismus bzw. den Kampf gegen das Aufbrechen der traditionellen Geschlechterrollen. Das rechte Familienbild ist geprägt durch den männlichen Familienvorstand und die weibliche Hausfrau, die für Haushalt und Kinder zuständig gemacht wird und für die nur eine untergeordnete Beteiligung an der Öffentlichkeit vorgesehen ist.
Wir stehen klar gegen Männerbünde, männliche Vorherrschaft und traditionelle Familienbilder. Für den Feminismus!